Nummer 3 |
März Jahrgang 1956
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Als Sonntags die Geschäfte noch geöffnet waren | ||||||||
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Meine Lehrjahre
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Für die ruhige Zeit war das Personal viel zu groß; wir Lehrlinge wussten oft wirklich nicht - besonders in den Erntezeiten - was tun. Da wurde Woche um Woche das Lager gereinigt, Fach um Fach ausgewischt und alles pünktlich wieder an den alten Platz gebracht. An ein Fortschaffen der alten Ware dachte niemand; während meiner ganzen Lehrzeit blieben viele aus der Mode gekommene Stücke oder ganze Artikel ebenso unberührt, wie sie schon bei meinen Vorgängern als alte Freunde vorn Abstauben her bekannt waren. Dazwischenhinein beschäftigten wir uns in den verschiedenen Magazinen, deren Bestände ebensowenig einem raschen Wechsel unterworfen waren. Auch zu Haus- und Gartenarbeiten, besonders zum Gießen an warmen Sommertagen wurden wir verwendet; sonst war es uns gestattet, beliebige praktische oder theoretische Sprachstudien zu treiben, auch konnten wir nach Belieben in die Murr zum Baden gehen. Unser ausgezeichneter Kommis, Herr Ernst Reinmann, wachte getreulich über uns, dass wir unsere Zeit nützlich anwendeten, und ihm verdankten die Lehrlinge ihre Ausbildung in erster Linie. Im Winter war es in der Frühe manchmal empfindlich kalt, der Ofen musste jeden Morgen frisch angefeuert werden. Zur Beleuchtung diente Erdöl, und des jüngsten Lehrlings erstes Geschäft war, die Zylinder zu reinigen, die Lampen aufzufüllen und die Dochte zu schneiden oder zu erneuern. Den Auslagen wurde so viel wie keine Aufmerksamkeit geschenkt. Von den vier Schaufenstern wurde in der Regel nur eines alle 14 Tage erneuert; es wurden drei verschiedene Kleiderstoffe in Falten aufgezogen und an von der Decke herabhängenden Schnüren befestigt. Die anderen Fenster beherbergten jahraus jahrein die alten Freunde, die nur jeden Samstag vorn Staub befreit wurden! Jeder Lehrling durfte das Geld für verkauften Gegenstände selbst einnehmen. An jedem der in Hufeisenform stehenden drei großen Ladentische waren zwei Kassen, wovon die eine als Tages-, die andere als Monatskasse anzusehen war, denn jeden Abend wurde von der Prinzipalin das große Geld aus der Tageskasse ungezählt in die für gewöhnlich geschlossene zweite Schublade gelegt. Am Schluss des Monats holte der Prinzipal die drei ziemlich gefüllten Kassen mit den ganzen Monatseinnahmen und leerte sie auf den Kontortisch. Die zwei älteren Lehrlinge hatten so ziemlich einen Tag zu tun, bis sie die halben und ganzen Kreuzer, die Groschen, Sechser, Siebenzehner, halben und ganzen Guldenstücke, Y6, % und ganzen Taler, Kronentaler, Doppeltaler usw. sortiert und rolliert hatten. Das war damals nicht so leicht, die Taler waren nicht einmal gleich groß und die Scheidernünzen von unendlicher Mannigfaltigkeit. Auch waren eine Menge außer Kurs gesetzter Münzen im Umlauf, als Vögeles- und Mariengroschen, E-Sechser, später auch österreichische Sechser, die alle ausgeschieden werden mussten. Und was für Hände bekam man dabei! Fast wie bei einem Kaminfeger, so schwarz, nur etwas fetter wurden sie. An Gold kursierten hauptsächlich und viel Napoleonsdor, dann Friedrichsdor, russische Imperial, Sovereign, selten waren württembergisehe Dukaten mit festem Kurs von 5 fl. 45 kr.; Papiergeld war sehr rar, dagegen schleppten wir Lehrlinge ganze Säcke Silbergeld, das hauptsächlich im Umlauf war, zur Post. Am Gold wurde regelmäßig verloren. Den Bauern und Geschäftsleuten musste man es zu hohen Kursen bei ihren Einkäufen abnehmen, denn sie erhielten es ebensohoch von den Fruchthändlern, Müllern, Bäckern usw. Die letzteren machten vielfach ein glänzendes Nebengeschäft, denn sie kauften an den Schrannentagen bei den Kaufleuten alles Gold möglichst nieder auf und gaben es über Kurs den Bauern in Zahlung. Heute macht es Freude, eine große Kasse zählen zu dürfen, von Kursverlust weiß man fast nichts mehr, denn fremdes Gold bleibt bei den Banken. |
Der Handelsgeist unter uns angehenden Merkurjüngern zeigte sich schon frühzeitig; der eine trieb nebenher eine Briefmarkenhandlung, der andere besorgte Modellierbogen, Aussägebogen usw. für Bekannte. Natürlich musste ihm ein kleiner Gewinn bleiben, der das Betriebskapital vermehrte oder beim Bäcker oder Konditor brühwarm angelegt wurde. Da ich zu Hause wohnte und aß, musste ich auch mein Vesper mitbringen und mein kleines nettes blaues Sutterkrügle mit Most Lind dem Butterbrot von der Mutter, das Immer an einem kühlen Plätzchen untergebracht wurde, ist mir bis heute hold geblieben. Das übrige Personal hatte Kost und Wohnung beim Prinzipal. Die größte Aufregung und eine überaus abwechslungsreiche Tätigkeit brachte die Kriegserklärung 1870. Über die Zeit der Einberufung der Reserven und der Landwehr gab es viel zu tun, weil die Angehörigen für deren vollständig neue Unterkleidung usw. sorgten. Dann kamen wieder Tage der größten geschäftlichen Ruhe und der Furcht vor dem Eindringen des Feindes. Alle Wertsachen wurden eingepackt, die Verstecke bestimmt, Säcke gerichtet, Instruktionen über die Aufbewahrung der Bücher usw. erteilt, für den Fall die Franzosen kommen sollten. Statt dessen kam eine Siegesnachricht um die andere, Glockengeläute, Böllerschießen, Beflaggen, Illumination wiederholten sich und die Festtage und der Jubel bei den Siegen von Wefflenburg, Wörth, Metz und Sedan bleiben eine unauslöschliche herrliche Jugenderinnerung. Im Frühjahr 1871 verschaffte mir der vorerwähnte Herr Reinmann eine passende Stellung bei der Manufacturwaren-Großhandlung Bonnert & Gundert in Stuttgart, und ich zog zwei Monate vor beendigter 3-jähriger Lehrzeit als wohlbestallter Kommis, 16 1/2 Jahre alt, mit 400 fl. Jahresgehalt in die Residenz ein, so dass ich mit dem 50-jährigen Geschäftsjubiläum auch meine 60-jährige Tätigkeit in Stuttgart feiern kann. Mit großer Freude und allem Eifer widmete ich mich meiner Arbeit und hatte beständig das Gefühl, als ob ich für diesen hohen Gehalt nicht genug leisten könnte. Die Geschäftszeit, winters 8, sommers 7-12 und 2-7 Uhr kam mir viel zu kurz vor, und ich stellte immer Vergleiche an mit dem ersten und bestbezahlten verheirateten Arbeiter in meiner Mutter Gerberei, der morgens um 5 Uhr anfing und nur 1 fl. im Tag ohne Verpflegung verdiente. Im Spätherbst 1872 verließ ich meine Stellung, um mich in Backnang zum Einjährigenexamen vorzubereiten, und trat bald nach der Prüfung am 1. April 1879 bei dem 3. Württ.-lnfanterie-Regiment in Ludwigsburg ein, weil in Stuttgart durch übergroße Anmeldungen nicht mehr auf sichere Aufnahme zu rechnen war. An demselben Tag, ein Jahr später, ging ich in meine frühere Stellung zurück, um meinem Prinzipal, die Firma hatte sich inzwischen aufgelöst, Herrn A. Gundert, bei der Liquidation seines Engrosgeschäftes behilflich sein. Nach beendigter Liquidation im Herbst desselben Jahres trat ich als Reisender bei der Manufakturwarenfirma en gros Kahn & Co. in Stuttgart ein und besuchte für diese bis zu meiner Etablierung hauptsächlich Württemberg, Baden und Bayern.
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Und so präsentiert sich Breuninger heute im Internet
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